Ablauf und Dauer der Privatinsolvenz

Veröffentlicht: 2021-02-03
Ablauf und Dauer der Privatinsolvenz

Ablauf und Dauer der Privatinsolvenz

Der Prozess der Durchführung einer Privatinsolvenz besteht im Wesentlichen aus drei Phasen:

1. Vorbereitung (ca. 6 Wochen)

Die Vorbereitung Ihres Schuldenerlasses beginnt mit einer Einschätzung Ihrer individuellen Schuldensituation. Anhand Ihrer Angaben zu Schuldenhöhe, ungefährer Gläubigerzahl, Einkommen, Unterhaltspflichten und vorhandenem Vermögen (insbesondere Immobilien und Fahrzeuge) können wir Ihnen konkret sagen, welche Maßnahme in Ihrer Situation die richtige ist, um auszusteigen die Schuldenspirale. Wenn die Privatinsolvenz der nächste richtige Schritt ist, identifizieren wir zunächst alle Ihre Gläubiger und bereiten dann Ihren Insolvenzantrag vor. Selbstverständlich stehen wir Ihnen auch für offene Fragen zur Verfügung, wenn Sie ein Problem mit der Bestandserstattungsklage haben .

Weiterhin sind für eine gründliche Vorbereitung folgende 4 Schritte zu beachten:

Erster Schritt: Sichern Sie Ihr Restvermögen

Im Rahmen Ihrer Vorbereitung sollten Sie Ihr noch vorhandenes Vermögen sichern. Wir zeigen Ihnen zum Beispiel, wie Sie ein Auto behalten, einen Kredit bei Versicherungen bekommen oder Ihr Erbe antreten können. Was Sie in der Privatinsolvenz behalten können, erfahren Sie hier.

Zweiter Schritt: Eröffnen Sie ein neues Konto

Zunächst sollten Sie ein neues Konto bei einer neuen Bank eröffnen. Eröffnen Sie dieses Konto zunächst als normales Girokonto. Besuchen Sie ein bis zwei Tage später erneut Ihre Bank und beantragen Sie das neu eingerichtete Konto als Pfändungsschutzkonto (kurz „P-Konto“).

Tipp vom Fachanwalt: Erwähnen Sie bei Ihrem ersten Besuch nicht, dass das neue Konto als Pfändungsschutzkonto genutzt werden soll; Eröffnen Sie einfach ein herkömmliches Girokonto. Banken sind lediglich verpflichtet, ein bestehendes Konto in ein P-Konto umzuwandeln (vgl. § 850k VII ZPO), eine Pflicht zur Neuanlage des Pfändungsschutzkontos besteht jedoch nicht. Sie laufen Gefahr, von der Bank abgelehnt zu werden, wenn Sie „Ihre Tür im Haus sprengen“.

Wichtig : Wenn Sie Kinder haben und/oder verheiratet sind, können Sie den geschützten Betrag auf Ihrem Pfändungsschutzkonto wahrscheinlich erhöhen, nachdem Sie das Konto eingerichtet haben. Als Fachanwaltskanzlei für Insolvenzrecht verlangen wir von Ihnen den erforderlichen Nachweis:

Stellen Sie sicher, dass alle zu erwartenden Erträge sofort auf dieses Konto überwiesen werden und schützen Sie so diese Vermögenswerte vor Pfändungen Ihrer Gläubiger. Erst wenn Sie sich im Insolvenzverfahren befinden, also der Eröffnungsbeschluss in Ihrem Briefkasten liegt, sind Sie vollständig vor den Klagen Ihrer Gläubiger geschützt.

Dritter Schritt: Hören Sie auf, Ihre Gläubiger zu bezahlen

Der wohl wichtigste Schritt: Nachdem Sie ein neues Konto eingerichtet und Ihr Vermögen gesichert haben, stellen Sie alle Zahlungen an Ihre Gläubiger ein. Sie zahlen nur noch Zahlungen, die der Sicherung Ihres Lebensunterhalts dienen, also Miete, Strom, Internet etc. Alle anderen Daueraufträge und Einzugsermächtigungen kündigen Sie.

Grund dafür ist, dass Sie verpflichtet sind, bereits vor Eintritt in ein Insolvenzverfahren auf eine Bevorzugung einzelner Gläubiger zu verzichten. Zahlen Sie beispielsweise kurz vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens 1.000 € an Ihren Nachbarn oder Ihre Bank – aber nichts an die anderen Gläubiger – könnten Sie sich nach § 283c StGB strafbar machen.

Allerdings gibt es auch einen ganz logischen Grund für die Zahlungseinstellung: Sie profitieren nicht mehr davon, jetzt Zahlungen zu leisten, weil Ihre Schulden durch das Insolvenzverfahren sowieso gelöscht werden. Es macht also keinen Sinn, den Schuldenberg abzubauen; im gegenteil: das geld behält man lieber. Dies ist rechtlich unbedenklich und gerichtlich bestätigt (vgl. OLG Oldenburg ZVI 2003, 483).

Ihre Gläubiger könnten versuchen, Pfändungen einzuleiten, wenn sie aufhören zu zahlen. Dem können Sie nur mit dem neuen Konto entgegenwirken. Auch müssen Sie einen Moment auf die Zähne beißen, denn: Sobald Ihre Privatinsolvenz eröffnet ist, darf kein Gläubiger gegen Sie vorgehen (sog. Pfändungs- und Vollstreckungsverbot, nach §§ 88, 89 InsO ). Wenn der Eröffnungsbeschluss in Ihrem Briefkasten liegt, ist das „Spiel“ mit Ihren Gläubigern beendet.

Vierter Schritt: Sammeln Sie mehr Gläubigerkorrespondenz

Während Sie Ihre persönliche Vorbereitung vorantreiben, spüren wir bereits im Hintergrund Ihre Gläubiger auf und treiben die Schuldenstände ein. Dazu führen wir Abfragen aus allen gängigen Schuldnerverzeichnissen durch.

In der Zwischenzeit sollten Sie alle Briefe sammeln, die Sie möglicherweise von Gläubigern erhalten. Wie Sie das am besten organisieren, haben wir hier für Sie zusammengefasst.

2. Insolvenzverfahren und Wohlverhaltensperiode (insgesamt drei Jahre)

Kurzübersicht:

Etwa einen Monat nach Antragstellung wird das Privatinsolvenzverfahren eröffnet – es dauert dann weitere drei Jahre.

Ab diesem Zeitpunkt werden alle Pfändungen Ihrer Gläubiger gestoppt (vgl. §§ 88, 89 InsO ). Sie dürfen sich nicht mehr an die Gläubiger wenden, sondern nur noch an den Insolvenzverwalter. Verfügt der Schuldner noch über größere Vermögenswerte, kann der Insolvenzverwalter darüber verfügen.

Während des Konkurses erhalten Sie den pfändungsfreien Teil Ihres Einkommens. Darüber können Sie frei verfügen. Wie hoch diese ist, ist immer unterschiedlich. Mit Hilfe unseres Anbaurechners können Sie diese ganz einfach berechnen.

Die 6 Pflichten in der Privatinsolvenz sind:

  • Arbeitspflicht (bei Arbeitslosigkeit müssen Sie sich um eine Beschäftigung bemühen; mehr dazu hier )
  • Übergabe der Hälfte des Erbes und Schenkung während des Konkurses
  • Mitteilung über einen Wohnungswechsel
  • Anzeige eines Stellenwechsels
  • Keine vorsätzliche oder grob fahrlässige Begründung unangemessener Haftungen während der Abwicklungsphase
  • Keine direkten Zahlungen an Gläubiger

Das Privatinsolvenzverfahren wird in der Regel ca. 5 Wochen nach Beantragung der Privatinsolvenz eröffnet. Ab diesem Zeitpunkt beginnt auch die Laufzeit der Privatinsolvenz. Dieses – als Privatinsolvenzverfahren „im engeren Sinne“ bezeichnete – dauert in der Regel ein Jahr. Das Insolvenzgericht bestellt einen Insolvenzverwalter. Diese schreibt alle Gläubiger an und verbietet ihnen weitere Pfändungen oder Exekutionen. Er allein darf über das pfändbare Vermögen verfügen. Die Vermögenswerte wie Haushaltsmöbel, die für die Arbeit, Auto, Computer und Fernseher benötigt werden, müssen aufbewahrt werden.

In vielen Fällen gibt es kein pfändbares Vermögen. Der Insolvenzverwalter erstellt einen sogenannten Schlussbericht. Nach dem Insolvenzverfahren im engeren Sinne geht es an die Führung der Geschäftszeit.

Der Liquidator

Sie müssen den Gläubigern nichts mehr tun. Gleiches gilt für Ihre Pflichten gegenüber dem Gerichtsvollzieher: Er darf nicht mehr gegen Sie vorgehen. Stattdessen wird ein Insolvenzverwalter bestellt, der die Interessen Ihrer Gläubiger vertritt. Betrachten Sie den Treuhänder daher unter keinen Umständen als Ihren Rechtsberater.

Im Rahmen des Insolvenzverfahrens ist er damit beauftragt, vorhandenes Vermögen zu verwerten, den pfändbaren Betrag einzuziehen und wie ein „Schiedsrichter“ dafür zu sorgen, dass Sie und Ihre Gläubiger sich an die Regeln halten: Sie müssen Ihren Verpflichtungen nachkommen, die Gläubiger dürfen Sie nicht mehr kontaktieren.

Da im Umgang mit dem Insolvenzverwalter häufig Fragen auftauchen, bieten wir unseren Mandanten bereits in dieser Phase Unterstützung an. So können wir Ihnen weiterhin zur Seite stehen und Sie im Austausch mit dem Insolvenzverwalter unterstützen.

Die Verhaltensdauer

Die Wohlverhaltensperiode beginnt etwa ein Jahr nach dem Insolvenzverfahren im engeren Sinne. Für Sie eine erhebliche Erleichterung: Der Kontakt zum Sachwalter – so wird der Insolvenzverwalter während der Geschäftszeit genannt – reduziert sich auf eine jährliche schriftliche Befragung. Sie können jetzt Geld sparen oder Vorteile in beliebiger Höhe erhalten.

Grundsätzlich können Sie Ihr Leben wieder so gestalten wie vor der Privatinsolvenz – mit der Ausnahme, dass Sie den pfändbaren Betrag jeden Monat schulden. Viele unserer Kunden berichten, dass es ihnen zu diesem Zeitpunkt psychisch viel besser geht als vor der Insolvenz.

Das liegt sicherlich daran, dass Sie jetzt wieder den Überblick über die finanzielle Situation gewonnen haben und die aufgestaute Zukunfts-Unsicherheit endlich ablegen können. Sie wissen genau, welcher Betrag jeden Monat zur Verfügung steht, und können entsprechend planen.

3. Entschuldung

Der letzte Abschnitt ist dann die Restschuldbefreiung, sozusagen die Ziellinie Ihrer Entschuldung:

Kurzübersicht:

  • Die Restschuldbefreiung erfolgt drei Jahre nach Insolvenzantragstellung – Sie sind schuldenfrei. (Für Verfahren ab 01.10.2020)
  • Die Restschuldbefreiung umfasst alle Schulden – unabhängig von ihrer Höhe oder der Zahl der Gläubiger.
  • Ausgenommen sind Ansprüche aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, Steuerhinterziehung sowie Straf- oder Bußgelder und vorsätzlich nicht gezahlter Unterhalt.

Drei Jahre nach Eröffnung der Privatinsolvenz erteilt Ihnen das Insolvenzgericht endgültig die Restschuldbefreiung durch Beschluss (§ 300 Abs. 1 InsO). Ihre Gläubiger verlieren ihre Forderungen und Sie sind jetzt schuldenfrei. Dabei spielt es keine Rolle, ob Sie diese Schulden bei einer Bank, dem Fitnessstudio oder Ihrem Nachbarn schulden. Lediglich einige Forderungsarten sind von der Restschuldbefreiung ausgenommen:

Forderungen, die nicht von der Restschuldbefreiung erfasst sind

Ausnahmen von der Restschuldbefreiung nach drei Jahren gibt es: Schulden aus vorsätzlicher unerlaubter Handlung, Steuerhinterziehung, Bußgeldern oder Strafen fallen nicht unter die Restschuldbefreiung (§ 302 InsO). Alle anderen Schulden verlieren Sie, sollten diese aber in Raten abbezahlen – oder über einen Insolvenzplan begleichen – mehr zu den Ausnahmen von der Restschuldbefreiung.